Kirche von Walschleben

Dorfansicht von Walschleben

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
 
 

 

 

Walsch1eben - Informationen zur Ortsgeschichte -

Wir wollen Ihnen heute das Interessanteste aus unserer Ortschronik und der Stadtgeschichtsschreibung von Erfurt mitteilen, denn das Schicksal der Gera-Dörfer war immer eng mit dem der Stadt Erfurt verbunden.

Aus der Völkervermischung des 3. und 4. Jh. u. Z. entstand auch das Volk der Thüringer, das bis in 6. Jh. von Königen beherrscht wurde. So fällt auch der Ursprung unseres Ortes in die Zeit von 300 - 500 u. Z. Unser Dorf ist , gegenwärtig also mindestens 1500 Jahre alt. Im Jahre 717 u. Z. wurde Thüringen in 9 Gane geteilt, Walschleben gehörte dem Altgowe (Altgane) an.

Ab Ende des 8. Jh. gehörte Walschleben über zwei Jahrhunderte zur Abteil Fulda. Der Stammvater unseres Dorfes war ein Mann mit Namen Walo. Sein Einzelhof bildete den Kern der dann langsam größer werdenden Siedlung, in einer fisch- und wildreichen Gegend am Walschberg. Die Endung „-leben“ an den Ortsnamen ist identisch mit dem alten - leiben - wohnen. Die Schreibung des Ortsnamen änderte sich im Laufe der Zeit, z.B. :

                         973 u. Z. - Vnalchesleba

1076 u. Z. - Walahesleba

1192 u. Z. - Walesleybin

1260 u. Z. - Walsleybin

1375 u. Z. - Wallesbeyben

1474 u. Z. - Walsleben

Am 22. Oktober 973 bestätigte Kaiser Otto! Einen Gütertausch zwischen dem Erzbischof von Magdeburg und dem Abte Uurinas (Werner) von Fulda. Das ist die erste urkundliche Erwähnung unseres Ortes.

Um 1170 gibt 'es mit Otto von Walschleben den ersten Vertreter eines freien Adels-geschlechtes in unserem Dorf.

In den folgenden Jahrzehnten wechselten die Dörfer an der Gera oft ihre Besitzer. Zu ihnen gehörten auch die Grafen von Gleichen. Am 31. Oktober 1370 kaufte dann der Rat der Stadt Erfurt von diesen Grafen die Ortschaften Walschleben, Münstergehofen und Elxleben für 1.000 Mark lötigen Silbers.

Das sechsspeichige Rad an unserer südlichen Friedhofsmauer beweist die Zugehörigkeit zum Erfurtischen Gebiet. Die Besitzungen in der hiesigen Gemarkung waren vorwiegend Weinberge. Die ersten Weinbauern sind wahrscheinlich auf Veranlassung des Erzbischofs von Mainz aus dem Rheinlande nach Thüringen eingewandert. Die „Blaue Spitze“ hat aus dieser Zeit ihren Namen, dort wurde blauer Wein angebaut. (Urkundliche Erwähnung schon 1263, 1317 und 1375). 1653 zählte man 483 Acker Weingarten. Außerdem wurde Hanf, Flachs und Anis angebaut, sowie Waidbau betrieben. Diesem Waidbau verdankt die Stadt Erfurt ihren Reichtum.  

Das mittelalterliche Dorf Walschleben ist ein Straßendorf mit einer umfangreichen Ortslage und vielen freien Plätzen. Dem Fronstein, so benannt nach dem Ort der Abgaben an den Lehnsherren, dem Marktplatz, dem Salzplatz (vor dem Lindenhof) und dem Nikolaikirchenplatz. Die Gebäude waren durchweg kleiner als heute und bestanden aus Lehm, Lehmfachwerk und die Bedachung war aus Stroh. Einen Töpferofen aus dieser Zeit fand man 1957 beim Ausschachten auf dem Grundstück B. Marx, Krumme Gasse 182. Es gab 2 Backhäuser, 2 Mühlen, eine Badestube. Überlieferte Familiennamen sind z. B. HARTUNG, HENGELBOGEN, HEINRICH, PISTOR und HERTING.  

Seit dem Ende des 15 Jh. gab es um Erfurt 7 Vogteien. Dazu gehörte die Vogtei Walschleben mit den 4 Ortschaften Walschleben, Elxleben, Andisleben und Dachwig. Durch die Fehden zwischen den Landesfürsten und den zahlreichen Kriegen wurde so manches Dorf verwüstet und verödete. Unser Nachbarort Münstergehofen wurde dem Erdboden gleichgemacht. Nur die Mühle und ein paar Grundrissmauern zeugten von seiner Existenz. Bei der Privatbefehdung zwischen Asmus v. Buttlar mit der Stadt Erfurt „kam dieser am 13. Dezember 1518 auf den Donnerstag nach Lucia mit 12 Reisigen vor das Dorf Walschleben und schoss Brandfeile ein, wodurch 16 Gebäude in Flammen aufgingen“.  

1495 erbaute man eine neue Kirche, die Sankt Kruziuskirche, die alte war in den Kriegswirren ebenfalls zerstört worden.  

Die Reformation hält ihren Einzug in Walschleben. Der erste evangelische Geistliche war Ludevicus Platzius (Ludwig Platz), der Rektor der alten Erfurter Universität.

Von 1618 -1648 tobte der Dreißigjährige Krieg. Die Verwüstungen waren grausam. So gab es in Walschleben von 305 Häusern nur noch 44. Der Hunger war groß, man aß sogar Hunde und Katzen.  

Dann 1683 ein weiteres schicksalsschweres Unglück. Die Pest forderte ihre Opfer. Schon 1322 war auf unserer alten Kirchenglocke zu lesen: „Ich tröste die Lebendigen und beweine die durch die Pest umgekommenen Toten.“  

100 Jahre später, 1790, sagt eine Urkunde über den Etat des Landes, das Amt Gispersleben betreffend, über Walschleben folgendes aus: Es lebten 197 Männer und Witwer, 185 Weiber, 49 Witwen, 230 Söhne, 248 Töchter. Man besaß: 70 Weinberge, 186 Holzungen, 70 Viehweiden, 212 Gebäude, davon eine Knaben- und eine Mädchenschule, 70 Pferde, 318 Kühe, 777 Schafe und 12 Schweine.  

Am 04.08.1807 machte Napoleon Erfurt mitsamt seinem Landbesitz zu einem Bestandteil des französischen Staates. Es gab neue Abgaben, die Armut vergrößerte sich. Missernten und Einquartierungen von Soldaten trugen zum Elend der Landbevölkerung bei. Nach der Niederlage Napoleons bei Waterloo wurde Erfurt wieder preußischer Besitz und sank zu einer unbedeutenden Provinz herab.  

1869 begann der Bau der Eisenbahnstrecke Erfurt - Nordhausen.

Die Industrialisierung hielt ihren Einzug. Heimatvereine wurden gegründet. Walschleben gehörte seit dem 23.11.1913 zum Geraverein. Viele Menschen fuhren nun in die Stadt zur Arbeit. Das Bekleidungsgewerbe, die Schuhindustrie und das Vervielfältigungsgewerbe gewinnen an Bedeutung. Dann 1928-1933 die Weltwirtschaftskrise, die auch für Walschlebener Familien Arbeitslosigkeit zur Folge hat. Nach 6 Wochen Arbeitslosenunterstützung ist man gezwungen, von einer käuflichen Fürsorge zu leben.  

1914 - 1918 tobte der I. Weltkrieg. Auch in Walschleben beklagt man gefallene Soldaten. Ihre Namen sind auf einem Gedenkstein an der Kirchhofsmauer verzeichnet.  

Der Aufschwung in der Wirtschaft beginnt durch die Rüstungsindustrie. In Walschleben gibt es zahlreiche Geschäfte und Verkaufsstellen für Textilien, Fleischwaren, Bäckereien, eine Molkerei, ein Kaffee, eine Gärtnerei, die Post, Kino und Gastwirtschaften. Es lässt sich gut leben. Man baut hochwertige Gerste an, Malzfabrikations- und Braugewerbe halten Einzug.  

1939 bricht dann der II. Weltkrieg aus. Auch aus unserem Ort werden die jungen und später auch die älteren Männer eingezogen. - Viele kehren nicht zurück.

Nach 1945 beginnt der Wiederaufbau des östlichen Teiles Deutschlands nach sozialistischem Muster. Und nach 40 Jahren Sozialismus, der als Staatsform gescheitert ist, steht dieser Teil Deutschlands wieder vor einem Neubeginn, der auch bald Geschichte sein wird...